... und noch mehr Zweifel

Ihr Lieben,

ich möchte heute erneut meinen Senf zu Dingen geben, die ich in letzter Zeit in den sozialen Netzwerken beobachte, ABER  erneut unter dem Hinweis, dass ich die Weisheit NICHT mit Löffeln gefressen habe und es nur meine ganz persönlichen Erfahrungen und Ansichten sind.

 

Unter den ganzen Schreiberlingen - und diesen Begriff nutze ich nicht als abwertend, nein, ganz im Gegenteil, ich  bin ja auch einer von ihnen - tummeln sich natürlich auch Schreibanfänger. Das finde ich großartig, ganz, ganz ehrlich, jedoch ist leider zu beobachten, dass so viele von ihnen unsicher sind oder schlimmer, verunsichert werden.

Man darf verunsichert sein, ganz bestimmt, das ist ähnlich, wie bei den Zweifeln, das ist man immer, ein wenig, egal, wie viele Bücher man herausgebracht hat, abgestumpft ist man nie. Auch hier gilt meiner Meinung nach, man sähe als selbstverständlich an, was man tut. Das würde Stillstand in der Entwicklung bedeuten, das würde bedeuten, ich würde aufhören, danach zu streben mich weiterzuentwickeln.

Aber verunsichert zu werden, ist schade.

So wird dann immer wieder gepostet, auch von "alten Hasen", man hätte heute endlich die Schreibblockade überwunden und 4145875 Wörter in zwei Stunden geschrieben, nur um eine Stunde später verlauten zu lassen, dass man so unzufrieden mit seinem Text sei und nicht mehr weiterkommen würde.

Ist es denn notwendig sich immer wieder selbst in der Anzahl seiner geschriebenen Worte übertreffen zu wollen? Können nicht auch 1000 Worte am Tag ein Erfolg sein, wenn das Ergebnis stimmig und zur eigenen Zufriedenheit ist?

Ich denke schon. Eine Geschichte zu entwickeln braucht Platz, Raum und Zeit. Sie muss wachsen.

Vor kurzem wurde die Frage gestellt, wie viele Bücher ein Selfpublisher im Jahr herausbringen MUSS, wie lange man an einem Buch schreiben DARF.

Weit verbreitet war die Ansicht in den Kommentaren, dass alle drei Monate ein Buch auf den Markt gebracht werden MUSS, sonst würde man in Vergessenheit geraten.

Ist das so?

Ich denke, ein Buch/Roman braucht so lange, wie es/er eben braucht, um fertig zu werden. Schon die Nacharbeit, Korrektur, Lektorat, etc. benötigt eine gewisse Zeit, abgesehen vom eigentlichen Schreibprozess mit Recherchen, dem Feilen an der Geschichte, den Sätzen u. s. w.

Es sollte um Qualität und nicht Quantität gehen. Die Fans, die Leser warten. Sie warten auch ein halbes oder ganzes Jahr, sogar Jahre, wenn es sein muss. In der Zwischenzeit gibt es viele tolle andere Bücher, von vielen tollen anderen Schriftstellern, die gelesen werden können. Nicht zu veröffentlichen ist nicht gleichbedeutend mit dem Abbrechen der Kontakte zu den Lesern. Den kann man halten, diese Möglichkeit ist uns gegeben. So bleibt man auch in ihren Köpfen.

 

Vermehrt lassen sich ebenfalls diejenigen finden, die ihren Prolog oder das erste Kapitel (weil sie bisher nicht viel mehr geschrieben haben) in die Sozialen Medien stellen und darum bitten, man möge ihnen die Meinung dazu kundtun. Sie hätten das bereits allen ihren Freunden zu lesen gegeben und die hätten gesagt, es sei doof oder langweilig, weil sie sich für das Thema eh nicht interessierten. Nun hätte man Angst es sei wirklich blöd und langweilig, hätte es schon zwanzig Mal neugeschrieben und überlege, ob man die Idee aufgeben und das Genre wechseln solle, um eventuell doch die 98. Variante eines erotischen Romans mit BDSM-Elementen zu schreiben, weil das vielleicht besser ankäme.

Ich persönlich finde, dass das eine Falle ist, die man sich selbst stellt.

Test- und Betaleser sind wunderbar und unverzichtbar. Sie erfüllen einen wichtigen Zweck, aber sie müssen auch offen für das sein, was sie lesen sollen. Sie lesen den Roman nach Fertigstellung und achten auf Logik, eventuell/hoffentlich Fehler, Lesbarkeit, und vieles mehr, geben ein Featback.

Es ist nicht der Freund oder die Freundin, die sagt: Gib ma her, ich schau ma irgendwann drüber, aber ich mag dat Genre eigentlich eh nicht und finds pauschal uninteressant.

Natürlich darf Kritik geäußert werden, darum geht es mir hier gar nicht. Es geht mir um das Ersticken eines Funken, bevor er zu einem Feuer werden kann.

Ich finde es bedenklich, zu einem so frühen Zeitpunkt des Entstehungsprozesses eines Buches, jemanden Probelesen zu lassen, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittener.

Ein Anfänger schreibt das erste Mal seine Gedanken nieder. Beginnt mit Worten Welten zu kreieren, Menschen zu erschaffen, zu jonglieren, probiert sich aus. Und dann sagt jemand; ach, ist doof. 

Oder er erwischt all die schlauen Menschen in den Social Media, die mega viele Ratschläge geben und den Text gleich so umschreiben, wie sie ihn schreiben würden, auf sämtliche Ausdrucks-, Rechtschreib- und Grammatikfehler hinweisen, obwohl ausdrücklich erwähnt war, dass es unkorrigiert, unüberarbeitet ist und nur um die Idee geht, (davon mag man halten, was man will, aber das ist eine andere Diskussion) und aus einem Fantasy-Epos ein Liebesdrama mit vielen säuselnden Adjektiven machen.

Das ist nicht sehr anspornend.

Wer hat eigentlich das Recht jemandem zu sagen; du, die Idee, die du für dein Buch hast, gefällt mir nicht, also lass es besser bleiben? Tatsächlich niemand. Und darum ist die Frage danach auch überflüssig. Wenn du denkst, du müsstest aus einer Idee eine Geschichte machen, dann mache es.

 

Schreiben ist (auch) ein Handwerk. Es gibt Dinge, die, wenn man sie beachtet, den Lesefluss positiv beeinflussen, eine Geschichte nicht wie einen besseren Schulaufsatz wirken lassen und und und ...

Das kann man lernen, sich annehmen, auf Hinweise achten, aber da muss man erst einmal hinkommen. Das wird man nicht, wenn man schon am Anfang ausgebremst wird oder sich ausbremsen lässt.

Also Leute, habt ein wenig mehr Selbstvertrauen, bei dem was ihr tut.

Man liest sich.

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